Das Huiss Dental-Labor aus Augsburg hat bei exocad Insights die goldene Edition des Vinyl High Resolution ersteigert. Der gesamte Auktionserlös kommt der Hilfsorganisation „Zahnärzte ohne Grenzen“ zugute. Wir haben uns in Augsburg während der Scannerübergabe die Zeit genommen, um von Dr. Stefan Rohr, dem Präsidenten von Zahnärzte ohne Grenzen, mehr über dessen Organisation zu erfahren. Hier ist das Interview in voller Länge:
smart optics: Herr Dr. Rohr, vielen Dank, dass Sie heute zur Scanner-Übergabe nach Augsburg gekommen sind! Beim exocad Insights Event hatte das Huiss Dental-Labor das höchste Gebot abgegeben und somit die goldene Edition des Vinyl High Resolution samt exocad DentalCAD ersteigert. Das Team von smart optics ist stolz, Ihnen nun den Scheck über den gesamten Auktionserlös von 13.000€ überreichen zu dürfen. Bitte erzählen Sie unseren Lesern ein wenig über Zahnärzte ohne Grenzen.
Dr. Rohr: Zunächst vielen Dank für diese großzügige Spende, für die wir sehr dankbar sind! Zahnärzte ohne Grenzen ist eine anerkannte, gemeinnützige und mildtätige Hilfsorganisation. Zahnärzte ohne Grenzen vereinbart Verträge mit den Regierungen der Gastländer und stellt gleichzeitig Gerätschaften, Instrumente und Materialien zur Verfügung, damit ehrenamtlich tätige Einsatzteilnehmer, Zahnärzte, Zahnarzthelferinnen und Zahntechniker legal und in einer Entwicklungspartnerschaft in benachteiligten Ländern arbeiten können. Zur Erklärung: Legal heißt „mit Arbeitserlaubnis und Arbeitsvisum“. Entwicklungspartnerschaft heißt, dass wir in Zusammenarbeit mit den Regierungsbehörden und mit dem einheimischen medizinischen Personal arbeiten. Beispielsweise begleiten uns in letzter Zeit Studenten der zahnmedizinischen Fakultät der Universität Namibia bei unseren Einsätzen. Wir arbeiten in gemischten europäisch-afrikanischen Teams, was sehr spannend ist.
smart optics: Heißt das, es ist nicht nur ein reiner Hilfseinsatz, sondern es ist auch eine Art Ausbildungs- bzw. Trainingseinsatz?
Dr. Rohr: Wir versuchen, drei Bereiche abzudecken. Der erste Bereich ist die zahnärztliche Behandlung in entlegenen Landesteilen, die abgeschnitten sind von jeder Infrastruktur. Die Menschen, die dort leben, haben keinen Zugang zu zahnärztlicher Versorgung. Wir haben eine mobile Zahnklinik, mit der wir solche Gebiete erreichen können. Wir bringen alles mit, wir erzeugen sogar unseren Strom selber. Das einzige, was wir brauchen, ist ganz lapidar ausgedrückt ein Baum, der uns Schatten spendet. Der zweite Bereich ist der Versuch, in den Ländern eine Prophylaxe zu etablieren. Dafür gehen wir in Kindergärten und Schulen, untersuchen die Kinder regelmäßig und verteilen Tausende von Zahnbürsten und Zahnpastatuben. Wir zeigen den Kindern, wie man damit umgeht. In Zusammenarbeit mit Regierungsbehörden wie dem Erziehungsministerium haben wir es in Namibia beispielsweise geschafft, dass das Zähneputzen im Schulfach „Life skills“ aufgenommen wurde. Es funktioniert so: In Ganztagsschulen, in denen die Kinder Mittagessen bekommen, gehen alle nach dem Essen zusammen zum Zähneputzen. Die Lehrer sind geschult und erklären den Kindern, wie man Zähne putzt. Zahnbürsten, Zahnpasta und Becher bleiben für jedes Kind in der Schule.
Der dritte Bereich unseres Projekts ist dann die Fort- und Weiterbildung des einheimischen Personals. Wir haben den namibischen Zahnärzten und Zahntechnikern Schritt für Schritt erklärt und gezeigt, wie Teilprothesen hergestellt werden. Diese drei Schwerpunktthemen versuchen wir in jedem Land abzudecken.
smart optics: Sie haben gerade speziell von Namibia gesprochen, in welchen Ländern sind Sie aktiv?
Dr. Rohr: Wir sind momentan fokussiert auf fünf Einsatzländer: die Mongolei, Sambia, Namibia, Togo und die Kapverden. Ich bin verantwortlich für das Land Namibia und die Projekte dort. Ich war bereits sechzehn Mal vor Ort und kenne mich dort inzwischen recht gut aus. Daher erzähle ich sehr gern von Namibia.
smart optics: Wofür werden die Spenden, die Sie erhalten, im Detail verwendet?
Dr. Rohr: Wir verteilen die Spendengelder auf die drei Bereiche, die ich eben erläutert habe. Wenn wir z.B. in entlegene Landesteile fahren, transportieren wir unsere Einheiten tausende Kilometer über Schotterstraßen. Sowohl die Erschütterungen während der Fahrt als auch der Staub, der in jede Ritze eindringt, macht den Geräten schwer zu schaffen. Wir nutzen also einen Teil der Spenden für die ständige Wartung und Erneuerung unserer mobilen Zahnklinik. Für die Prophylaxe brauchen wir jedes Jahr zehntausende Zahnbürsten und Zahnpastatuben. Auch die finanzieren wir mit Spenden. Außerdem haben wir beispielsweise für den Workshop 8000 Kunststoffzähne nach Namibia gebracht und 10 Kilo Kaltpolymerisat, sodass wir am Ende des Workshops jedem Zahntechniker ein Paket mitgeben konnten, mit jeweils 100 Zahngarnituren, mit Klammerdraht, mit Kaltpolymerisat, mit Zangen und Wachsmesser und allem, was sie brauchten, damit sie sofort am nächsten Tag mit der Arbeit beginnen konnten. Auch das war nur möglich durch Spenden.
smart optics: Welche Berufsgruppen gibt es bei Zahnärzte ohne Grenzen und was müssen Interessierte tun, um Teil eines der Teams zu werden?
Dr. Rohr: Im Prinzip gibt es drei Berufsgruppen: Zahnärzte mit mindestens zwei Jahren Berufserfahrung, Zahnarzthelferinnen und Zahntechniker, beide mit abgeschlossener Berufsausbildung. Wenn Sie mitmachen möchten, können Sie entweder bei Zahnärzte ohne Grenzen anrufen oder eine E-Mail schreiben und kurz erklären, dass Sie an einem Einsatz teilnehmen möchten. Sie beantragen einen Mitgliedausweis von Zahnärzte ohne Grenzen und bekommen eine Reihe von Dokumenten zugeschickt, die Sie ausfüllen müssen. Sie brauchen ein polizeiliches Führungszeugnis. Zahnärzte müssen bei der jeweiligen Landeszahnärztekammer ein Certificate of good standing ausstellen lassen. Dieses Zertifikat belegt, dass keine berufsrechtlichen Verfahren gegen Sie anhängig sind. Wenn Sie dann Ihren Ausweis haben, können Sie an einem Einsatz teilnehmen. Auf unserer Website sind die Einsatzländer und die Einsatztermine freigeschaltet. Dort tragen Sie sich in eine Gruppe ein, die Ihnen zeitlich gut passt und schon können Sie losfahren. Wichtig zu wissen ist, dass die Einsatzteilnehmer ehrenamtlich arbeiten, also unentgeltlich. Die Einsatzteilnehmer müssen die Flüge, die Unterkünfte und den Leihwagen, den Sie vor Ort mieten, selbst bezahlen. Es bedeutet also ein großes Engagement der Einsatzteilnehmer, an einem solchen Einsatz teilzunehmen. Aber jeder Einsatzteilnehmer erlebt so viele einmalige, wunderschöne Dinge, dass jeder mehr mit nach Hause bringt, als er gegeben hat.
smart optics: Herr Dr. Rohr, vielen Dank, dass Sie uns Ihre Arbeit nahegebracht haben. Wir wünschen „Zahnärzte ohne Grenzen“ weiterhin viel Erfolg!